Heute Morgen an der Grundschule, dichter Autoverkehr, wuselnder Kinderstrom, manche drängeln, um mit dem Roller schneller voranzukommen. Ein Kind weinte herz-zerreißend, die Mutter hatte es vor die Brust gebunden, das Geschwisterkind im Doppelkinderwagen, das Schulkind eilte nebenher. Der Vater mit den auffallend tätowierten Armen und seinem Kleinkind im Kinderwagen war wie so oft schon wieder auf dem Rückweg, als wir uns noch in Eile dem Schulhaus näherten.
Mein Nachbar hatte mir noch gesagt: „Du verwöhnst den Kleinen zu sehr. Der kann alleine in die Schule gehen.“
Bin ich eine Helikoptermutter? Die alles überwacht, die ihre Kids überall hinbringt, sie vor allen Gefahren bewahren will? Vielleicht. Und bin ich auch eine Rabenmutter? Weil ich die Kinder zur Tagesmutter gab, während ich arbeitete. Mir wurde damals schon prophezeit, dass meine Kinder später deswegen sicher den Psychiater bräuchten. Weil ich nicht jeden Morgen für ein entspanntes Frühstück sorgen kann, manches Brot wird unterwegs gegessen, manches Schulbrot blieb vergessen in der Küche liegen. Welche Zuschreibungen gibt es noch, die alle irgendwie passen und den Stress nicht gerade vermindern helfen? … und ja, heute haben wir es pünktlich mit Frühstück, Schulbrot und zu Fuß! in die Schule geschafft. Heute ist heute. Und manchmal haben wir gerade auf diesen Schulwegen Zeit uns Wichtiges zu erzählen.
Nach dem Verabschieden hörte ich das Kind von vorhin (noch immer?) lauthals weinen. Die Mutter blickte mich kurz an. Und lächelte. Freundlich und trotz allem entspannt. Ich war beeindruckt.
Was von Müttern und Vätern geleistet wird, ist eine tiefe Verneigung wert. Sie gehen ihren Jobs und Geschäften nach, sie arbeiten und führen den Haushalt, sie engagieren sich für die Kinder, ob eigene oder manchmal auch für „nicht-biologisch“-eigene, sie ziehen sie groß, manche sogar allein und alle meistern sie irgendwie die täglichen Herausforderungen. Manche betreuen ihr behindertes Kind, manche Söhne und Töchter kümmern sich um demente, pflegebedürftige, alternde Eltern oder sterbende Geschwister. Das ist gelebte Liebe.
Eine sehr erfolgreiche Managerin, die ich kürzlich interviewte, hatte eine Mutter, die an schweren Depressionen litt. Und sie erkannte früh: „Wenn ich mir nichts zu essen mache, dann gibt es nichts. Also hab ich´s gemacht.“ Sie übernahm die Aufgabe. Klar, dass das prägt.
Es ist spannend zu analysieren, was für Auswirkungen Helikoptermütter oder andere Eltern-Ausprägungen auf die Kinder haben, was man alles anders und besser machen kann. Und doch geben die Eltern das, was sie eben geben können. Da haben manche Kinder es schwerer als andere. Und nicht von allen Versäumnissen geht die Welt gleich unter.
Und solange mein Sohn noch möchte, dass ich ihn zur Schule bringe, freue ich mich an diesem Glück. Es gibt genug Tage, an denen es nicht geht.